Europa kämpft gegen die steigenden Corona Infektionen. Doch in Nepal herrscht schon seit Ausbruch der Corona Krise eine Art Schockstarre. Zu Beginn hat die Regierung einen monatelangen harten Lockdown verhängt, sich aber wenig intensiv um Verbesserungen im Gesundheitswesen gekümmert. Forderungen von Seiten der Präventivmediziner wurden nicht umgesetzt.
Immer wieder wurde auch die Öffnung der Grenzen verschoben. Erst anfangs Oktober wurden für einige Tage Visa ausgegeben und ich hatte Glück das Visum zu erhalten. Schon nach einer Woche war es dann wieder Schluss damit.
Die Spitäler sind mit der Situation überfordert und es mangelt an Schutzmaterial, an Betten und an der notwendigen Spezialausrüstung für die Intensivpflege. Zudem gibt es nicht genügend Gesundheitspersonal. V.a. die grossen Städte kämpfen mit immer noch steigenden Infektionen. In der Hauptstadt Kathmandu mit über drei Millionen Einwohnern bilden sich vor der Spitälern Schlangen von Patienten, welche wegen Bettenmangel nicht aufgenommen werden können.
Die Hoffnung, dass ab Herbst wieder Touristen einreisen dürften, hat sich nicht erfüllt. So bleiben Hotels, Tourismusangestellte und Souvenir-Händler ohne Arbeit und Verdienst. Thamel, das grosse, sonst so belebte Touristenviertel von Kathmandu, ist völlig ausgestorben. Im Hotel, wo ich die erste Nacht blieb, war nur gerade noch ein anderer ausländischer Tourist. Glücklicherweise mussten wir nicht sieben Tage dort in Quarantäne ausharren, wie ursprünglich vorgeschrieben war.
Die Verzweiflung der Menschen steigt, Depressionen nehmen zu und auch die Zahl der Suizide. Die Schulen sind seit Mitte März geschlossen, wenige Privatschulen haben für die älteren Schüler den Internetunterricht eingerichtet. Doch die Jugendlichen haben genug davon und möchten wieder mit ihren Kameraden zusammen sein.
Obwohl Ratnanagar eher eine ländliche Region ist und die Corona-Fallzahlen deshalb auch nicht so stark steigen wie in den grossen Städten, hat die Pandemie auch bei uns die Aktivitäten erheblich beeinträchtigt. Zeitweise durften nur Notfälle behandelt werden. Als wieder mit dem Normalbetrieb begonnen wurde, haben sich mehrere Angestellte infiziert, sodass dann alle getestet und glücklicherweise keine weiteren Ansteckungen gefunden wurden. Seither werden die Präventionsmassnahmen ernster genommen und strenger durchgesetzt.
Seit unser Spital aufgewertet wurde, gibt es auch mehr staatliche Unterstützung. Z.Z wird beim Eingang zum Spitalgelände eine neue Apotheke gebaut, weil die bisherige Apotheke im Altbau viel zu klein geworden ist und sich davor oft lange Schlangen bilden.
Wie ich schon in meinem letzten Mail berichtet habe, konnten wir unsere Lebensmittelprogramm dank vieler, z.T. freiwilligen Helfern weiterführen. Weiterhin profitieren davon v.a. Familien, Schwangere, unterernährte Kinder und Behinderte, welche durch Corona in Not geraten sind. In 29 Dörfern und Weilern bekamen 3540 Familien einen grossen Sack Reis, manchmal auch noch Linsen dazu. Insgesamt wurden 72'755 kg Reis und 780 kg Linsen verteilt. An 3761 unter- oder mangelernährte Kinder haben wir Superfood-Pakete abgegeben, welche ausser Reis, Linsen, getrockneten Hülsenfrüchten, Eiern auch noch einige Kindersnacks enthielten. Solche Superfood-Pakete wurden im Spital auch an Schwangere, Gebärende, ältere Menschen und Behinderte verteilt. Die Menschen sind sehr glücklich und dankbar und schultern zufrieden die schweren Säcke, um sie dann in die oft noch weiter entfernten Behausungen zu bringen.
Mehr Details können Sie der Liste «Summery Relief Program - 2020» entnehmen.
Gerne möchten wir das Programm weiterführen, wenn Sie uns wieder dabei helfen.
Insgesamt haben wir bis zum 26.10.2020 dafür 5,018,782 NepRupia ausgegeben, das entspricht knapp 50'000 CHF. Das war nur möglich dank vielen SpenderInnen und einiger Organisationen.
Es ist weniger die Angst vor der Covid 19 Pandemie als die harten, vier Monate dauernden Lockdown Massnahmen, welche vielen Menschen in Nepal an den Abgrund gebracht haben. Arbeitslosigkeit, fehlendes Einkommen, Schulden, steigende Lebensmittelpreise und die erneuten schweren Überschwemmungen während der Monsunzeit haben die eh schon Ärmsten sehr hart getroffen. Ich habe gelesen, dass Hunderte von Menschen den Freitod gewählt haben aus Angst vor dem Verhungern, vor Corona und kompletter Insolvenz. Dazu kommt die fehlende medizinische Versorgung, denn im Lockdown gab es auch keinen öffentlichen Verkehr mehr, sodass auch für viele Kranke eine medizinische Behandlung nicht mehr erreichbar war.
Die Massnahmen haben bis jetzt immerhin eine starke Ausbreitung des Virus verhindert und die Regierung hat eine langsame Lockerung beschlossen. Allerdings steigt damit die Gefahr von Ansteckungen durch Einreisende, v.a. aus Indien. Bereits wenige Tage danach sind neu angekommene Inder in Kathmandu positiv getestet worden.
Bereits Ende Mai hatte Shanti Med mit einer breit angelegten Hilfsaktion gegen den Hunger in unserer Region gestartet. Wir konnten dafür auf unser grosses Netzwerk mit Menschen und Organisationen zählen, welche uns schon früher bei Hilfscamps nach dem Erdbeben und den Überschwemmungen unterstützt hatten:
Insgesamt 27'000 CHF hat Shanti Med bisher für diese Aktionen ausgegeben. Damit es nicht beim Tropfen auf den heissen Stein bleibt und sich die Ernährungssituation etwas nachhaltiger erholen kann, haben wir weitere Aktionen geplant.
Nur Dank Ihnen, unseren Mitgliedern und grosszügigen SponsorInnen, war die bisherige Hilfe möglich. Und ich würde mich freuen, wenn Sie mithelfen, weitere Aktionen durchzuführen. Der grosse Dank der Menschen in Nepal ist Ihnen gewiss.
Bisher konnte unser Spital die Corona Pandemie gut meistern. Nur ein Fall wurde positiv getestet, der Patient zeigte keine schweren Symptome und konnte zu Hause behandelt werden. Alle vorgeschriebenen Vorsichtsmassnahmen werden recht strikt durchgeführt.
Unser Spital wurde von der Provinzregierung aufgewertet, das heisst wir sollten mehr Unterstützung erhalten. Bereits wurde ein neuer staatlicher Chirurg angestellt, welcher v.a. abdominal Chirurgie, u.a. Gallenblasenoperationen, macht. Und wir haben nun auch eine kleine Blutbank eröffnen können.
Die lange geplanten Umgebungsarbeiten sind endlich fertig gestellt und bringen eine grosse Verbesserung der Sauberkeit im Spital. Nun gilt es noch, die kahlen Blumenrabatten zu bepflanzen und damit den Eingangsbereich des Spitals zu verschönern.
Jetzt ist es ganz besonders wichtig den notleidenden, hungernden Menschen in Nepal Hoffnung zu geben !
Vor einer Woche musste unser Zivi Andreas Allemann, der schon seit sieben Monaten bei uns als Arzt gearbeitet hatte, auf Geheiss des Bundesamtes für Zivildienst notfallmässig das Ratnanagar Spital verlassen und in die Schweiz zurückkehren. Wir hatten nicht einmal mehr Zeit, um ihm ein wohlverdientes Abschiedsessen zu servieren. Wenigstens haben wir ihm ein Foto von unseren SMN-Angestellten nachgeschickt.
Bis jetzt hatte die Regierung kaum über Corona-Ansteckungen informiert. Angeblich wurde vor Wochen ein Patient positiv getestet, dieser sei aber jetzt gesund. Es gibt aber auch keine oder nur wenige Testskits oder Schutzkleider.
Wenigstens werden nun endlich strengere Vorsichtsmassnahmen gegen das Coronavirus eingeleitet.
Die Schulen sind seit letzter Woche geschlossen. Seit drei Tagen hängt das Plakat am Spitaleingang mit der Information, dass in den nächsten 2 Wochen nur noch Notfälle behandelt werden. Und wir haben es noch ergänzt mit den Verhaltensempfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit. Allerdings kann dies im Moment nicht eingehalten werden, denn diese Information wird sich nur langsam verbreiten. Auch haben wir in der Dermatologie immer wieder Notfälle, wie schwere Verbrennungen oder Infektionen, die im allgemeinen Notfallzimmer eher schlecht behandelt würden. Wir haben deshalb jetzt nur bis 12 Uhr geöffnet und sehen einzelne andere Dermatologie-PatientInnen.
Die Grenzen Nepals sind geschlossen worden, soweit das überhaupt möglich ist bei der 1800 km langen Grenze zu Indien. Von dort befürchtet man am meisten einen Anstieg der Infektionen in Nepal, weil in Indien die Todesfallrate angestiegen ist. Am Gefährlichsten ist es wohl in der 4-5 Millionen Stadt Kathmandu, viele Menschen dort halten die Regeln nicht ein, können auch nicht, da sie fürs tägliche Überleben kämpfen müssen, z.B. wie all die vielen Arbeitenden im Tourismus, in der Gastronomie,… welche ihre Jobs verloren haben und auch keine Arbeitslosenversicherung haben. 40'000 WanderarbeiterInnen sitzen fest, weil ihre Gastländer ebenfalls die Grenzen dicht gemacht haben. Ihr bereits gekauften Tickets sind alle verfallen.
Bei uns in Ratnanagar habe ich nichts gehört von einer Ansteckung. Unseren Angestellten geht es allen gut. Die beiden nepalesischen Ärzte sind allerdings gestern nach Hause gegangen und wollen das Arbeitsverbot strikte einhalten; so halte ich vorläufig mit Suresh die Stellung. Immerhin haben wir genügend Mundschutz und Händedesinfektionsmittel.
Ich hoffe, dass es hier den Umständen entsprechend einigermassen gut weiterläuft und plane vorläufig nicht, meine Heimreise vorzuverlegen.
Euch, wo immer ihr in Europa gerade seid, wünsche ich alles Gute, tragt Sorge für euch und eure Lieben.
Leider steht nun auch die Arbeit an der Umgebungsarbeit des Spitals still. Ein erfreulich grosser Teil ist allerdings fertig und wir freuen uns, dass nun viel weniger Dreck an den Schuhen in die Gebäude kommt. Damit es Suresh, den Putzfrauen und mir nicht langweilig wird, haben wir angefangen einige Blumentröge anzupflanzen und es macht uns richtig Spass.
Kurz vor dem Reise-Verbot hatte ich ein Alters- und Waisenheim in Tansen besucht, welches von den gleichen indischen Ordensschwestern geführt wird wie jene in der Navodaya Schule. Eine der Schwestern ist Pflegfachfrau und behandelt auch arme Menschen aus der Umgebung. Allerdings fehlt es ihnen an Geld, um all die notwendigen Bedürfnisse abzudecken. SMN wird sie nun etwas unterstützen. Wir sind aber selbst auch auf Spenden angewiesen, weil wir in der erneuten landesweiten Notsituation viele Hilferufe bekommen.
Unsere Nachbarkinder haben eine grosse Belli-Fruit erhalten und freuen sich riesig.