Diesmal war der Beginn meiner Arbeit hier in Nepal recht mühsam. Viele Arbeiten sind während der intensiven Monsunzeit nicht weitergegangen. Zudem waren die Menschen wegen der vielen Nachbeben traumatisiert, es wurden bereits 360 Nachbeben nach dem ersten Beben vom 28.4. von mindestens der Stärke 4 gezählt und die Situation ist immer noch unsicher, weil neue schwere Beben im Südwesten Nepals angesagt sind. Dazu gab es wochenlange Streiks, zunächst aus Protesten gegen die geplante neue Verfassung, auch mit vielen Unruhen mit über 40 Todesfällen, und seit die Verfassung Ende September endlich verabschiedet worden war, gehen die Proteste und Streiks weiter, v.a. an der indischen Grenzlinie. Die Streikenden werden von der indischen Regierung unterstützt, welche alle wichtigen Zollübergänge blockiert hält. Die Inder protestieren, weil Nepal nun kein Hindustaat mehr ist, sondern die Religionsfreiheit einführt und weil die indisch stämmigen Bewohner des Südens angeblich durch die neue Verfassung nicht die gewünschten besseren Bedingungen erhalten. Durch die Blockade werden viele Güter rarer, v.a. Lebensmittel aus Indien und Benzin, das jetzt rigoros rationiert ist. Zudem lähmt all das die Wirtschaft, insbesondere auch den Tourismus, auf den Nepal am meisten angewiesen wäre.

Aber es gibt auch erfreuliches zu berichten:
Die Patientenzahl im Spital nimmt stetig zu. Letzte Woche erschien ein Artikel in der lokalen Presse, darin wurde v.a. auch die Arbeit der Dermatologie Station sehr gerühmt und inzwischen kommen noch mehr neue Patienten. Gestern wurde uns die 40 jährige Tika gebracht, welche einen Tag nach dem Erdbeben einen Hirnschlag mit Halbseitenlähmung erlitten hatte. Obwohl sie auch zwei Wochen in einem Universitätsspital in Kathmandu hospitalisiert gewesen war, hatte sich nichts gebessert. Weder wurde eine Rehabilitation eingeleitet, noch wurden ihre über 50 eitrigen und verkrusteten Wunden verbunden. Unser Dermatologe, Dr. Raj, hat mir gesagt, dass eigenartigerweise Wunden in der Regel hier von den Internisten mit Antibiotika behandelt würden, wenn das nicht funktioniert, müssten die Chirurgen es versuchen. Verbände würden diese aber auch nicht anlegen.

Das neue Labor ist nun toll eingerichtet, dank Spenden der Stiftung für freiheitliche Medizin und der Degen Stiftung, konnten wir zwei neue Apparate anschaffen und den benötigten klimatisierten Raum für den Autoanalyser einbauen. Damit ist es nun möglich, viele neue Labortest in unserem Spital durchzuführen. Dies ist v.a. auch wichtig für die neue Nierenabteilung mit den 7 Dialyseapparaten. Shanti Med konnte dazu die grosse Wasseraufbereitungsanlage und zwei Dialyseapparate beisteuern. Die Eröffnung sollte nun bald stattfinden, nachdem sie wegen Unregelmässigkeiten bei der Solaranlage immer wieder verschoben werden musste.

Grosse Freude machen mir die 32 Scouts aus Bonn, welche seit 10 Tagen wiederum für uns arbeiten. Die Hälfte davon arbeiten in unserem Spital und machen längst fällige Reparaturarbeiten: Sie flicken die zwei langen lecken Erdbebenfugen des Dachs durch welche bei jedem Regen Wasser ins des Spitals geflossen ist und an vielen Stellen Feuchtigkeit und Schimmel hinterlassen hat. Zudem werden sie auch ein schönes blaues Wellblechdach oben drauf setzen, sodass nun auch bei Regen die Wäsche dort aufgehängt werden kann. Im Erdbodengeschoss flicken sie die verstopften und wegen zu wenig Gefälle nicht ablaufenden Toiletten, welche seit einem Jahr nicht benutzt werden konnten. Und mit dem Malermeister Matthias werden einige Räume fachgerecht neu gestrichen. Die andere Hälfte der Scouts arbeiten am Wiederaufbau einer zerstörten Grundschule in einem Bergdorf. Ich bin sehr begeistert wie die jungen Scouts von 12-22 Jahren mit ihren drei Leitern und einem Journalisten aus Bonn die recht harte Arbeit anpacken und nicht klagen über die immer noch grosse Hitze. Dank dem Journalisten Fabian gibt es regelmässig Zeitungberichte im Bonner Anzeiger, womit sie sich auch Spendengelder erhoffen. Ein Teil der Baumaterialien wird jedoch auch von Shanti Med übernommen.

Trotz vieler Notfallcamps für die Erdbebenopfer sind die geplanten Verbesserungen und die Arbeit im Ratnanagar Spital regelmässig weiter gegangen.

Solaranlage:

Mit einiger Verzögerung ist die Installation der grossen Solaranlage, welche unser ganzes Spital mit genügend Strom versorgen wird, nun fast fertig gestellt. Die 108 Solarpanels sind bereits auf dem Dach installiert und diese Woche beginnt die neue Verkabelung für alle Räume des Spitals. Bis Anfangs Juni soll die ganze Anlage in Betrieb genommen werden können. Das wir ein wichtiger Meilenstein sein, den die vielen Stromunterbrüche haben die Arbeit in allen Abteilungen immer wieder verzögert, etwa im Labor oder im Röntgen.

Zahnklinik:

Die Volontärin Chantal Bachmann, eine Zahnhygienikerin aus der Schweiz, war während 5 Wochen hier und hat zusammen mit der nepalesischen Dentalassistentin Menuka den grossen Raum ausgemistet. Unglaublich wie viel unnötiger Schrott sich da angesammelt hatte und einfach nicht entsorgt wurde. Zudem wurden viele nicht mehr funktionierende Geräte repariert. So war beispielweise beim Speichel-Absaugschlauch lediglich der Schlauch von einer Maus durchgebissen. Vieleicht aus Geldmangel, Unwissenheit oder Bequemlichkeit werden in solchen Situationen meist keine Handwerker gerufen. Es macht mich immer wieder sprachlos und/oder auch sehr ärgerlich, wie dann einfach weitergewurstelt wird.

Schon bald konnten Chantal und Menuka, die sich gottlob sehr gut verstanden, mit der Arbeit beginnen. Sie haben Hunderte von faulen, wackeligen und schmerzenden Zähnen gezogen, wenn möglich die Karies-Zähne geflickt und Zahnreinigungen gemacht. Nicht nur die PatientInnen wurden instruiert, wie sie die Zähne regelmässig putzen müssen, sondern es wurde dazu auch eine Fortbildung für das ganze Spitalpersonal gemacht. Schliesslich haben die beiden auch zweimal ein Camp in einem kleinen Hostel mit Waisenkindern gemacht, dort ebenfalls viele wackelige und infizierte Milchzähne gezogen. Die etwa 100 Kinder wurden ebenfalls instruiert, wie sie die Zähne richtig putzen müssen und haben zum Schluss dafür auch Zahnbürsten und Zahnpasta geschenkt bekommen.

Geburtszimmer:

Noch letztes Jahr gab es hier jeweils nur alle zwei bis drei Monate eine Geburt. Das Geburtszimmer war ein düsterer Raum ohne Fenster. Seit Shanti Med das Spital unterstützt und für bessere Hygiene sorgt, wurde das Zimmer in einen anderen Raum mit Fenster verlegt und teilweise mit neuem Mobiliar aus der Schweiz eingerichtet, insbesondere mit einem bequemen gynäkologischen Stuhl. Seit 6 Wochen kommt jetzt auch einmal in der Woche ein Gynäkologe aus der Hauptstadt für die regelmässigen Schwangerschaftskontrollen. Die Anzahl der Geburten steigt nun kontinuierlich an und inzwischen kommt hier ungefähr wöchentlich ein Kind zur Welt.

Labor:

Das Labor wird nun in einem grösseren neuen Raum neu eingerichtet. Wir haben eine neue vollautomatische Labormaschine Erba 2000 für die Elektrolyt- und Leberenzyme-Bestimmung finanziert und sobald die Solaranlage den benötigten Strom liefert werden wir dieses in Betrieb nehmen können.

Viel Positives und viel Arbeit haben den ersten Monat geprägt.
Dr. Raj und seine philippinische Frau Ixa sind zurück und beteiligen sich aktiv in der neuen Dermatologie Station. Die Patientenzahl ist stark gestiegen. Wir konnten nun im ersten Dermatologie Zimmer drei Arbeitsplätze einrichten (zwei Pulte für ÄrztInnen und ein Pult für die Sterilisationsvorbereitung) und auch unser zweites Dermatologie Zimmer ist jetzt bereit für kleine Operationen und spezielle Untersuchungen. Alles ist sauber und die Arbeitsverhältnisse sind nun für uns sehr erfreulich. Auch das Zimmer für stationäre PatientInnen haben wir mit den Betten aus der Schweiz neu möbliert.

M. Mahesh hat mich schon in der ersten Woche in die nahegelegene Militärbasis mit 800 Soldaten mitgenommen. Er hat dort angefangen, das Abfallwesen zu verbessern. Ich sollte mich um die vielen Soldaten kümmern, welche an Hautkrankheiten, vor allem Pilzinfektionen leiden. Ueli Guggisberg und ich haben dann ein Camp unter freien Himmel organisiert, Aufklärung über die Infektionswege von Pilzkrankheiten gemacht und 150 Soldaten behandelt. Der leitende Major war so zufrieden, dass er uns angeboten hat, dass die Soldaten Arbeit im und um das Spital unentgeltlich übernehmen könnten. Schon am übernächsten Tag sind 80 Mann angerückt und haben wie die Ameisen gearbeitet, so fleissig, wie ich es bisher in Nepal noch nicht erlebt hatte. Ein Teil hat bei der Baustalle für die Nierenstation den Bau-Dreck und viel Gerümpel im Spital weggeputzt. Der andere Teil hat rings ums Spital den Abfall weggeräumt und vertrocknetes Gras geschnitten. Am Abend kam dann der Abfallwagen der Gemeinde und hat alles wegtransportiert. Nun kommen sie weiterhin fast täglich und manchen eine Umfassungsmauer um das Spitalareal.

Ein Höhepunkt war der Besuch bei den Kamaya. Rabi, Ueli und ich wurden mit einem grossen Fest, mit Musik und Tanz und vielen Blumenketten empfangen. Das neue Versammlungshaus war voll von Dorfbewohnern. Wir konnten die neu installierte Solaranlage auf dem Dach und die 175 "Home Systeme" auf den kleinen Hütten einweihen. Damit kann jede Familie in der Nacht während acht Stunden zwei Lampen betreiben. Und schlussendlich konnten wir auch über 50 Little Suns an die Frauengruppe verteilen. Gleich musste ich auch einen Patienten untersuchen, welcher an einer schweren chronischen Hautkrankheit, dem Pemphigoid, leidet. Die Krankheit wurde bisher nicht richtig diagnostiziert und behandelt. Weil er sich die Arztkosten nicht leisten kann, haben wir ihn nun bei uns für einige Wochen unentgeltlich hospitalisiert um die Behandlung einzuleiten, bis die Blasen abgeheilt sind und er nur noch eine Erhaltungstherapie braucht.

 

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