Bericht vom 9.10.2015
Diesmal war der Beginn meiner Arbeit hier in Nepal recht mühsam. Viele Arbeiten sind während der intensiven Monsunzeit nicht weitergegangen. Zudem waren die Menschen wegen der vielen Nachbeben traumatisiert, es wurden bereits 360 Nachbeben nach dem ersten Beben vom 28.4. von mindestens der Stärke 4 gezählt und die Situation ist immer noch unsicher, weil neue schwere Beben im Südwesten Nepals angesagt sind. Dazu gab es wochenlange Streiks, zunächst aus Protesten gegen die geplante neue Verfassung, auch mit vielen Unruhen mit über 40 Todesfällen, und seit die Verfassung Ende September endlich verabschiedet worden war, gehen die Proteste und Streiks weiter, v.a. an der indischen Grenzlinie. Die Streikenden werden von der indischen Regierung unterstützt, welche alle wichtigen Zollübergänge blockiert hält. Die Inder protestieren, weil Nepal nun kein Hindustaat mehr ist, sondern die Religionsfreiheit einführt und weil die indisch stämmigen Bewohner des Südens angeblich durch die neue Verfassung nicht die gewünschten besseren Bedingungen erhalten. Durch die Blockade werden viele Güter rarer, v.a. Lebensmittel aus Indien und Benzin, das jetzt rigoros rationiert ist. Zudem lähmt all das die Wirtschaft, insbesondere auch den Tourismus, auf den Nepal am meisten angewiesen wäre.
Aber es gibt auch erfreuliches zu berichten:
Die Patientenzahl im Spital nimmt stetig zu. Letzte Woche erschien ein Artikel in der lokalen Presse, darin wurde v.a. auch die Arbeit der Dermatologie Station sehr gerühmt und inzwischen kommen noch mehr neue Patienten. Gestern wurde uns die 40 jährige Tika gebracht, welche einen Tag nach dem Erdbeben einen Hirnschlag mit Halbseitenlähmung erlitten hatte. Obwohl sie auch zwei Wochen in einem Universitätsspital in Kathmandu hospitalisiert gewesen war, hatte sich nichts gebessert. Weder wurde eine Rehabilitation eingeleitet, noch wurden ihre über 50 eitrigen und verkrusteten Wunden verbunden. Unser Dermatologe, Dr. Raj, hat mir gesagt, dass eigenartigerweise Wunden in der Regel hier von den Internisten mit Antibiotika behandelt würden, wenn das nicht funktioniert, müssten die Chirurgen es versuchen. Verbände würden diese aber auch nicht anlegen.
Das neue Labor ist nun toll eingerichtet, dank Spenden der Stiftung für freiheitliche Medizin und der Degen Stiftung, konnten wir zwei neue Apparate anschaffen und den benötigten klimatisierten Raum für den Autoanalyser einbauen. Damit ist es nun möglich, viele neue Labortest in unserem Spital durchzuführen. Dies ist v.a. auch wichtig für die neue Nierenabteilung mit den 7 Dialyseapparaten. Shanti Med konnte dazu die grosse Wasseraufbereitungsanlage und zwei Dialyseapparate beisteuern. Die Eröffnung sollte nun bald stattfinden, nachdem sie wegen Unregelmässigkeiten bei der Solaranlage immer wieder verschoben werden musste.
Grosse Freude machen mir die 32 Scouts aus Bonn, welche seit 10 Tagen wiederum für uns arbeiten. Die Hälfte davon arbeiten in unserem Spital und machen längst fällige Reparaturarbeiten: Sie flicken die zwei langen lecken Erdbebenfugen des Dachs durch welche bei jedem Regen Wasser ins des Spitals geflossen ist und an vielen Stellen Feuchtigkeit und Schimmel hinterlassen hat. Zudem werden sie auch ein schönes blaues Wellblechdach oben drauf setzen, sodass nun auch bei Regen die Wäsche dort aufgehängt werden kann. Im Erdbodengeschoss flicken sie die verstopften und wegen zu wenig Gefälle nicht ablaufenden Toiletten, welche seit einem Jahr nicht benutzt werden konnten. Und mit dem Malermeister Matthias werden einige Räume fachgerecht neu gestrichen. Die andere Hälfte der Scouts arbeiten am Wiederaufbau einer zerstörten Grundschule in einem Bergdorf. Ich bin sehr begeistert wie die jungen Scouts von 12-22 Jahren mit ihren drei Leitern und einem Journalisten aus Bonn die recht harte Arbeit anpacken und nicht klagen über die immer noch grosse Hitze. Dank dem Journalisten Fabian gibt es regelmässig Zeitungberichte im Bonner Anzeiger, womit sie sich auch Spendengelder erhoffen. Ein Teil der Baumaterialien wird jedoch auch von Shanti Med übernommen.