Bericht aus Nepal von Ruth Gonseth - 07.03.2009

Vor dem 6. März, dem seit Monaten geplanten Einweihungsfest der neuen Shanti-Gebäude herrschte in den vergangenen Tagen hektischer Betrieb. Der Innenausbau der Gebäude konnte auf diesen Tag leider bei weitem nicht fertig gestellt werden. Doch bis zur letzten Stunde wurde noch fleissig gestrichen und geputzt, damit die Gäste wenigstens einen Eindruck bekommen, wie es denn einmal aussehen wird. Die verschiedenen, um einen Innenhof gruppierten Gebäude hat die deutsche Regierung bezahlt: ein Klinikgebäude, Büro-Räume, Behinderten-Werkstätten, eine Armenküche, einen Kindergarten, sowie Zimmer für Schulkinder und Behinderte, welche keine Pflege mehr brauchen. Von den grossen Dachterrassen aus hat man einen weiten Rundblick auf den Fluss, die Pashupati-Tempelanlage, aber auch auf eine angrenzende Slumsiedlung.

Das grosse Happening fand dann bei strahlend blauem Himmel und sommerlicher Wärme statt. Aus Deutschland sind etwa 50 SponsorInnen angereist, um dabei zu sein. Und vor allem war es auch ein Freudenfest für die etwa 1000 grossen und kleinen, behinderten und nicht behinderten Mitglieder der „Shanti-Familie“.

Die Kinder haben wochenlang auf diesen Tag hin Tänze, Lieder und kleine Theaterstücke geübt und lockerten mit ihren lustigen und traditionellen Beiträgen das Fest, an dem es auch viele Ansprachen gab, auf. Selbst Rukesh, welchem nach einem unsachgemäss behandelten Armbruch der linke Arm abgenommen werden musste, übte vor der Vorstellung noch fleissig die Trommel. Für den Rundgang durch die neuen Gebäude waren einige Zimmer improvisiert eingerichtet worden, beispielsweise ein Spitalzimmer und der Kindergarten.

Mitten im Innenhof steht der grosse, schon vor einigen Monaten fertig gestellte Brunnen über dessen Treppen das Wasser mit Sauerstoff angereichert wird. Auch die Nachbarn aus der Umgebung und aus dem Slum dürfen Wasser aus diesen Brunnenröhren holen. Seither sind hier die Durchfallkrankheiten deutlich zurückgegangen. In einigen Klinik-Räumen wurden auch die schönen Produkte der Werkstätten ausgestellt, klicken Sie hier: Hilfswerk Shanti/Werkstätten.

Warten auf den Umzug. Noch etwa zwei Monate soll es dauern, bis alles umzugsbereit ist. Ach, wie schön wäre es doch gewesen, jetzt die schönen hellen und sauberen Klinikräume zu beziehen. Doch längst ist auch nicht alles Einrichtungsmaterial beisammen. Wir werden in den nächsten Wochen auf die Suche nach stabilen und preiswerten Betten, Nachttischchen, Schränken… gehen. Leider wird das knappe Budget noch nicht für alle benötigten Dinge reichen.

 

Bericht aus Nepal von Ruth Gonseth - 25.02.2009

Seit dem 12. Februar arbeite ich wieder in Kathmandu. Mein Kulturschock war diesmal grösser. Die unglaubliche Armut und die Unterernährung vieler Menschen sind so bedrückend. Seit der globalen Krise haben sich auch hier alle Probleme nochmals verschärft. Viele Fremdarbeiter, die aus den Golfstaaten gutes Geld nach Hause geschickt haben, sind inzwischen als Arbeitslose zurückgekehrt. Hier in Kathmandu beträgt die Arbeitslosenrate nach neuen Schätzungen etwa 50%.

Die Stromunterbrüche von 16-18 Stunden täglich machen das Leben und vor allem die Arbeit in der Klinik extrem kompliziert. Auch Fabriken wurden deswegen gar geschlossen und die ArbeiterInnen stehen ohne Arbeitslosenversicherung auf der Strasse.

Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Nepalesen dies alles ertragen und ihre Fröhlichkeit nicht verlieren. Nirgendwo auf der Welt gibt es wohl eine derart bunte Vielfalt von Festen, von denen viele religiös motiviert sind. Am vergangenen 23.Februar war so ein Märchenfest, "Shivaratri", an welchem der höchste Hindugott Shiva geehrt wird. Lesen Sie mehr darüber und sehen sie Bilder dazu unter "Nepal/Feste".

Gleich in den ersten Tagen habe ich auf dem Markt Mina Oli angetroffen. Das 12 jährige Mädchen hatte vor einem Jahr bei der Explosion eines mit Öl betrieben Kochers schwerste Verbrennungen am Hals und am Thorax erlitten. Die unsachgemässe Behandlung hatte zu brettharten Vernarbungen an Nacken und Hals, sowie einer kompletten Unbeweglichkeit des Kopfes geführt (Bild vom 22.10.09). Der rechte Arm war durch dicke Verwachsungen in der Achselhöhle total versteift. Dank der Möglichkeit, das Mädchen nach Sankhu in die, von einem deutschen Team von plastischen Chirurgen betreute Klinik zu bringen, konnte in der Zwischenzeit eine erste grosse und erfolgreiche Narbenkorrektur durchgeführt werden. Mina Oli hat mich auf der Strasse so glücklich angestrahlt, dass ich sie gleich fotografieren wollte (Bild vom 16.2.09). Am nächsten Tag in der Poliklinik konnte ich die geglückte Operation in Augenschein nehmen. Etliche kleine Operationen sind noch nötig, um das Resultat noch weiter zu verbessern.

Meine erste Woche in der Shanti-Klinik war überaus hektisch; einerseits ist es wunderbar wieder hier zu sein und es tut gut zu spüren, wie sehr sich auch die Leute freuen, dass ich wieder da bin. Viele sind ja so auf sich allein gestellt und sind überaus dankbar für ein Bisschen Zuwendung und eine gute Behandlung. Dank vieler Medikamente, welche ich in der Schweiz von pharmazeutischen Firmen zusammen gebettelt habe, und von speziellen indischen Medikamenten, welche ich in der Stadt kaufen kann, ist es möglich, viele chronifizierte Krankheiten zu heilen oder wenigstens deutlich zu verbessern. Ein grosses Problem in der Klinik ist, dass wir neben dem einzigen nepalesischen Arzt, einer Laborassistentin und einem Hilfspfleger keine ausgebildeten Leute haben. Dank der Spendengelder, welche ich an meinen Vorträgen und bei Bekannten gesammelt habe, kann ich jetzt zwei bisherigen intelligenten Mitarbeitern eine dreijährige Weiterbildung als Laborant, respektive als Röntgenassistent bezahlen. Die beiden gehen morgens von 7-13 Uhr in die Schule und anschliessend arbeiten sie noch in der Klinik. Zusätzlich haben wir nun die Stellen für eine Oberschwester und einen Physiotherapeuten ausgeschrieben. Schrittweise versuche ich das Ausbildungs-Niveau der Klinikangestellten zu verbessern, um schlussendlich bessere Abklärungs- und Behandlungsmöglichkeiten zu erreichen. Wir haben ja so viele Behinderte, welche dringend Physiotherapie brauchen und die Oberschwester wird sich neben der Verbesserung der Pflege auch um die Hygiene kümmern müssen.

Um die Verbesserung nachhaltig abzusichern, ist unser Unterstützungsverein auf weitere Spenden und/oder Mitgliedschaften angewiesen.

Mit herzlichem Gruss Ruth Gonseth